D. Das Abfallkonzept

D1. Einleitung und Problemstellung

Auf Veranstaltungen können in kurzer Zeit erhebliche Abfallmengen entstehen, wie durch Einwegverpackungen und Einweggeschirr, Kronkorken, Zigarettenstummel, Konfetti oder Dekorationsmaterialen. Oftmals sind Abfallbehältern vor Ort nicht ausreichend und schnell überfüllt. Der zurückbleibende Abfall, besonders auf öffentlichen Freiflächen, stellt nicht nur ein ästhetisches, sondern auch ein ernsthaftes Umweltproblem dar. Die am häufigsten auftretenden Probleme sind:

  • Unzureichende Abfallinfrastruktur (Abfallbehälter)
  • Überlastete Abfallinfrastruktur (volle Abfallbehälter)
  • Unsichtbare oder schwer nutzbare Abfallinfrastruktur
  • Schlecht oder nicht organisiertes Abfallmanagement-Team
  • Ansammlung von Müll in hierfür nicht vorgesehenen Orten
  • Übermäßiger Zigarettenabfall

Müll birgt verschiedene Risiken für Tiere und Pflanzen. Abfälle wie Zigaretttenstummel können Böden und Grundwasser verunreinigen. Besonders ärgerlich: grüne und bepflanzte Flächen sind oftmals nur mühsam per Hand zu reinigen. Eine vermüllte Umgebung schadet darüber hinaus dem Image deiner Veranstaltung und kann zu Konflikten mit der Nachbarschaft führen. Das Liegenlassen von Müll zieht weiteren Müll an, insbesondere an schwer zugänglichen Orten wie Gebüschen (auch bekannt als die „Broken Windows Theorie“). Dieses Problem kann schnell zu einer Herausforderung werden, die so groß ist, dass eine ordnungsgemäße Müllentsorgung weiter erschwert wird.

Ein effektives Abfallmanagement und eine konsequente Abfallvermeidung können die Akzeptanz einer Veranstaltung deutlich steigern. Darüber hinaus senkt ein verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen den Klimafußabdruck einer Veranstaltung.  Für eine minimale Umwelt- und Klimabelastung sollten bestenfalls alle Ressourcen als Wertstoffe in neuen Kreisläufen wieder verarbeitet werden (Stichwort: Kreislaufwirtschaft/Circular Economy).

D2. Strategien für ein effektives Abfallmanagement

Für ein effektives und planvolles Vorgehen zum Thema Abfall auf Veranstaltungen ist es heute notwendig, bei der Konzeption einer Veranstaltung das Thema direkt anzugehen und somit spätere Folgen möglicher Umplanungen zu vermeiden. Hierfür geben wir einen kurzen Überblick zum Thema Abfallmanagement. 

Einige zentrale Punkte für ein effizientes und umweltfreundliches Abfallmanagement sind:

  1. Abfallmanagement planen
  2. Vermeidung und Reduzierung von Abfällen
  3. Wiederverwendung von verwendeten Materialien – z. B. Mehrweg statt Einweg
  4. Effiziente Abfallverwertung durch sortenreine Trennung und ordnungsgemäße Entsorgung für eine bestmögliche Wiederverwertung (Recycling)
  5. Aufbau eines effektiven Abfallmanagementsystems und Einbindung aller relevanten Akteure 
  6. Sensibilisierung der Teilnehmenden und Kommunikation von Maßnahmen zur Abfallvermeidung
  1. Abfallmanagement planen 

Abfall fällt an unterschiedlichen Bereichen an, so zum Beispiel an Verkaufs- und Verpflegungsständen, an  Bühnebereichen, sowie in Eingangs- bzw. Ausgangsbereichen zum Veranstaltungsgelände. Für die Planung im Rahmen eines Abfallkonzeptes solltet ihr vor allem unter Berücksichtigung der Standortgegebenheiten und Veranstaltungsbereichen bzw. Abfallentstehungsorten, Anzahl der Teilnehmenden (um Abfallmenge abschätzen zu können), Schritte zur Entsorgung und Leerung usw. planen. Identifiziert darüber hinaus auch welche Abfallarten und Mengen dabei jeweils entstehen. Auf der Grundlage solltet ihr frühzeitig ein entsprechendes Abfallkonzept entwickeln und dieses konsequent in allen Bereichen Eurer Veranstaltung mitdenken. 

  1. Vermeidung und Reduzierung von Abfällen

Der beste Abfall ist der, der nicht entsteht. So bieten sich heute vielfältige Möglichkeiten Abfall ganz zu vermeiden, bzw. darauf zu achten Abfall nur in geringem Umfang überhaupt erst entstehen zu lassen. In der Abfallhierarchie spricht man aufeinander aufbauend von Vermeidung, dann Wiederverwendung, Recycling, Verwertung, Beseitigung. Bei der Planung sollte also frühzeitig berücksichtigt werden, wo Abfall vermieden, bzw. reduziert werden kann. Um einige Beispiele der Abfallreduzierung zu nennen, statt kleine Verpackungen, Großverpackungen, Händler:innen verpflichten Verpackungen mitzunehmen, bei Angeboten eher auf Fingerfood statt auch Angebote zu setzen, die zwingend in Geschirr serviert werden muss. 

  1. Wiederverwendung von verwendeten Materialien – z. B. Mehrweg statt Einweg

Im Rahmen eines Abfallkonzeptes sollten Möglichkeiten entwickelt werden, die konsequent den Einsatz von Mehrweglösungen fokussieren. Insbesondere im Bereich der Angebote von Speisen und Getränken werden mittlerweile vielzählige Möglichkeiten zum Einsatz von Mehrweggeschirr angeboten. Ein mögliches Pfandsystem sollte dabei auch Nutzer:innen freundlich entwickelt werden. Das mitbringen von eigenen z.B. Trinkbechern kann ebenso zu Lösung beitragen. 

Darüber hinaus kann auch die Wiederverwendung von Materialien dazu beitragen, Abfälle zu reduzieren. Insbesondere im Bereich von Dekomaterialien oder Bannern lohnt es sich, diese wiederzuverwenden. im Bereich von Ausstattungsgegenständen kann auch das leihen notwendiger Gegenstände zu einer ressourcenschonenden und damit nachhaltigen Veranstaltung beitragen.

  1. Effiziente Abfallverwertung durch sortenreine Trennung und ordnungsgemäße Entsorgung für eine bestmögliche Wiederverwertung (Recycling) 

In verschiedenen Bereichen deiner Veranstaltung ist es möglich, das trotz aller Bemühungen Abfälle anfallen. Um den anfallenden Abfall dennoch bestmöglich den Recyclingketten zuzuführen, ist es notwendig das ihr alle anfallenden Abfälle sortenrein trennt, bzw. dafür auch die notwendigen Abfallbehälter aufstellt und gut sichtbar gekennzeichnet sind. Mögliche Bereiche umfassen die Themen, Speiseabfälle/Biomüll, Altglas, Pappe/Papier/Karton, Leichtverpackungen/Wertstoffe und Restmüll.

  1. Aufbau eines effektiven Abfallmanagementsystems und Einbindung aller relevanten Akteure

Bestenfalls werden diese Punkte in einem Abfallkonzept festgehalten. Ein Abfallkonzept ist eine Planungsgrundlage für alle abfallbezogenen Aktivitäten bei einer Veranstaltung. Es umfasst Maßnahmen zur Abfallvermeidung und Entsorgung aller Abfälle. 

Das Abfallkonzept sollte Folgendes vorsehen:

  • Genügend Abfallbehälter im Publikumsbereich.
  • Getrennte Sammelstellen im Backstagebereich nach Gewerbeabfallverordnung.
  • organisatorische Maßnahmen zum Abfallmanagement und zur Abfallvermeidung.
  • Einbeziehung der zuständigen Entsorgungsunternehmen zur Auswahl der passenden Behälter und Abholzeiten.
  • Kommunikation des Konzepts an alle Beteiligten für eine reibungslose Umsetzung.
Ein Musterabfallkonzept findet ihr im Kapitel D3
  1. Sensibilisierung der Teilnehmenden und Kommunikation von Maßnahmen zur Abfallvermeidung

Es reicht nicht aus, ausschließlich für ausreichend Abfällbehälter zu sorgen oder Abfallvermeidungsmaßnahmen umzusetzen. Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Sensibilisierung aller Akteure, die an deiner Veranstaltung teilnehmen. Dazu gehören neben den Besucher:innen auch die Vielzahl an Dienstleistenden wie zum Beispiel Securitys, Foodcourts oder auch Sanitärservice Personal. Die sollten im Rahmen ihrer vertraglichen Bindung für die Einhaltung des Abfallkonzeptes verpflichtet werden.

D3. Muster für ein Abfallkonzept

Um Euch einen kleinen Einblick zu verschaffen, haben wir 3 Beispiele für Euch zusammen gestellt die Euch bei der Erstellung eines Abfallkonzeptes helfen können. 

Der Leitfaden der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität Verbraucherschutz und Klimaschutz in Zusammenarbeit mit der Berliner Stadtreinigung hat dazu eine umfangreiche Broschüre erarbeitet die in vielen Bereichen ganz konkrete Hinweise zur Erstellung eines Abfallkonzeptes bietet. Dieser bezieht sich insbesondere auf Großveranstaltungen, kann aber auch im Kleinen als gute Hilfestellung genutzt werden.

Leitfaden Abfallarme Großveranstaltungen (Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz & BSR)

  1. Mustervorlage Abfallkonzept
  2. Erläuterungen zur Mustervorlage Abfallkonzept
  3. Mustervorlage Planung Abfallmenge

Quelle: Link

Weitere Beispiele für Musterabfallkonzepte findet ihr in den beiden Links, einmal einen von der Stadt Wien herausgebenen und einen weiteren der Grünen Liga. Viel Spaß beim Stöbern. 

https://www.wien.gv.at/umweltschutz/abfall/pdf/veranstaltungen-konzept.pdf

Quelle: Link

https://www.grueneliga-berlin.de/wp-content/uploads/2017/06/Anlage_4-Muster-Abfallhandlungskonzept_1.pdf

Quelle: Link

Weiterführende Links und Literatur zum Thema Abfallkonzepte findet ihr hier: 

Abfallarme Veranstaltungen (GRÜNE LIGA Berlin)

Vermeidung von Lebensmittelabfällen beim Catering (DEHOGA & UBA)

Allgemeine Leitfäden

Handlungsleitfaden Klimaneutrale Veranstaltungen in Berlin (GRÜNE LIGA Berlin), ab S. 44

Der Handlungsleitfaden enthält auch viele abfallrelevante Links auf S. 52ff.

Leitfaden für die nachhaltige Organisation von Veranstaltungen (BMU & UBA)

Green Club Guide (Clutopia)

Kiez Tool Box, Bereich Zero Waste & Putzen

D4. Planung, Realisierung und Betreuung eines effektiven Abfallmanagements

Das Abfallmanagement bei Veranstaltungen im Freien ist nicht nur eine infrastrukturelle und physische Herausforderung, sondern verlangt auch nach soziologischem und sozialdynamischem Feingefühl. Ausschließlich die Kombination dieser Aspekte kann ein erfolgreiches Abfallmanagements garantieren. 

Vergleichbar mit allen anderen Aspekten einer gelungenen Veranstaltung ist das Abfallmanagements auch an ein holistisches Konzept zu denken. Nur wenn das Ganze als Einheit funktioniert, kann von Erfolg gesprochen werden. Um diesen Erfolg zu erzielen sind mehrere Faktoren zu berücksichtigen. 

Abfallstationen

Abfallbehälter symbolisieren die Abmachung zwischen Veranstaltern und Besuchern und dienen als „gewünschter Ort“ für Abfälle. Wie viel des entstehenden Abfalls sich am Ende in diesen Behältern befindet hängt davon ab, wie wichtig es dem Veranstalter ist, diese Abmachung mit seinen Gästen zu realisieren. 

Die folgenden Faktoren spielen hierbei eine wichtige Rolle: 

  • Anzahl
  • Ausführung
  • Zugänglichkeit
  • Sichtbarkeit
  • Betreuung

Bei der Anzahl sind drei Faktoren ausschlaggebend: Anzahl der Besucher, Größe des Gebiets und Müllquellen. Je mehr Besucher, desto kleiner sollten die Abstände zwischen den Abfallbehältern sein. Wichtig hierbei ist, dass in allen Fällen der eine Behälter vom nächsten Behälter sichtbar ist. 

Die Ausführung der Abfallbehälter hat eine direkte Auswirkung auf deren Nutzung und Betreuung dieser. Es ist wichtig, beide Aspekte im Auge zu behalten! 

Abfallbehälter müssen immer so gut, wie möglich, zugänglich sein. Dies ist bei einer stark besuchten Bar, einer vollen Tanzfläche oder im Tumult beim Einlass schwer zu gewährleisten. Hier empfiehlt sich mit Doppelstationen (Bar links und rechts, Einlass links und rechts, Tanzfläche vor und hinter dem Pfosten) zu arbeiten, auch wenn es rein infrastrukturell gesehen nicht notwendig wäre. Unter „Zugänglich“ ist nicht nur der Besucher zu verstehen, sondern auch die an der Veranstaltung Mitwirkenden wie beispielsweise Produktion, Security, Dienstleistungspersonal usw. 

Abfallbehälter sollten stets gut sichtbar für alle aufgestellt werden und im Idealfall für die Phase der Dunkelheit während einer Veranstaltung gut beleuchtet sein.

Alle oben genannten Punkte sind natürlich wertlos ohne fachgerechte Betreuung der Infrastruktur. Der schlimmste Fehler bei einer laufenden Produktion im Bezug auf das Abfallmanagement ist ein überfüllter Abfallbehälter. Physisch verliert der Behälter seine Funktion und psychisch wird Desinteresse des Veranstalters an den Besucher vermittelt, um die bestehende Abmachung einzuhalten.

Das „Green Team“

Mitarbeiter des Abfallmanagement-Teams sind wichtig, bei der konsequenten Umsetzung des Abfallkonzeptes. Ihre Einstellung, ihr Auftreten und ihre Arbeit hat direkten Einfluss auf das Abfallverhalten der Besucher. Hier gilt, wie bei allen Teams der Veranstaltung: nur motivierte Mitarbeiter tragen bei zum Erfolg des Vorhabens! Um dies zu gewährleisten, muss es zu einem einschlägigen Paradigmenwechsel beim Aufstellen des Abfallmanagement-Teams kommen. Die Bereitschaft, eine bestimmte Rolle auszuüben ist gänzlich unzureichend bei einem Veranstaltungsszenario. Dementsprechend sollten gerade für das Abfallmanagement-Team ausschließlich Mitarbeiter in Betracht gezogen werden, die einen direkten Wunsch äußern, sich mit dieser Materie auseinanderzusetzen. Um den Kontakt mit dem Publikum weiter zu stärken ist es ratsam, Mitarbeiter aus der gleichen Altersgruppe, wenn möglich sogar aus dem gleichen Umfeld, wie das Publikum einzusetzen. Hierdurch wird der Dialog erleichtert und Verantwortung bei den Besuchern unterbewusst weiter gefördert. Eine große Hilfe hierbei liefern gut sichtbare Uniformen. Wenn Besucher sehen, dass viele Mitarbeiter sich um eine saubere Umgebung seitens der Veranstaltung bemühen, dann wirkt dies auch motivierend auf ihr eigenes Verhalten.

Bei der Zusammenstellung des Abfallmanagement-Team sind verschiedene Faktoren zu berücksichtigen: 

  • Anzahl der Besucher
  • Größe der Veranstaltungsfläche
  • Art der Veranstaltung
  • Musikrichtung
  • Gebrauch von Substanzen

Die Anzahl der Besucher verhält sich nicht parallel zu der Anzahl von Mitarbeitern. Bei einer Kunstveranstaltung mit klassischer Musik reicht 1 Mitarbeiter auf 500 Besucher. Schon bei einer Veranstaltung mit elektronischer Musik, begleitet vom Konsum harter Drogen steigt diese Zahl auf 1 Mitarbeiter auf 200 Besucher. Handelt es sich um ein Rock- oder Punkkonzert, wo viel Alkohol getrunken wird, dann sollte ein Maßstab von einem Mitarbeiter auf 100 Besucher angesetzt werden.